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Strukturwandel und das heutige Stadtbild

Neutor Aufnahme:Paul Kleff
Neutor

Die Entwicklungen auf dem Weltwirtschaftsmarkt der frühen 60er Jahre brachten für das ganze Ruhrgebiet ernüchternde Veränderungen. Starke ausländische Konkurrenz im Kohlehandel und gewaltiger Bedeutungszuwachs anderer Energieträger wie Erdöl oder Erdgas verursachten im Revier starke und bis heute andauernde Strukturkrisen. Die Verringerung der Steinkohleproduktion hatte eine kontinuierliche Reduktion der Arbeitsplätze zur Folge. Die Ölpreiskrise der Jahre 1973-1981 konnte das Zechensterben nur um wenige Jahre verzögern. 1976 waren nur noch drei Zechen in Betrieb, 1987 wurde das letzte Kohlebergwerk in Dortmund geschlossen und eine jahrhundertelange Tradition beendet. Der unkontrollierte Niedergang dieses Wirtschaftszweigs konnte verhindert und ein sozialverträglicher Anpassungsprozeß für die Beschäftigten konnte durch Gründung der Ruhrkohle AG und staatliche Subventionsprogramme gesichert werden.

Deutsche Arbeitsschutzausstellung Aufnahme:Angelika Brückner
Deutsche Arbeitsschutzausstellung

Eine weitere Erschütterung des Wirtschaftsstandorts Dortmund war die Stahlkrise. Durch Nachfragerückgang, Konkurrenz aus Japan, Südkorea und Osteuropa und Reduzierung der deutschen Produktionsquoten durch die EU wiederholte sich die Situation im Bergbau auch im Stahlsektor. Trotz gegenwirkenden Maßnahmen wie Zusammenlegung von Unternehmen bzw. Unternehmensstrukturen und Verlagerung der Produktionsschwerpunkte von Massen- auf Qualitätsstahl konnte der Standort Dortmund nicht gehalten werden. Die hohe Arbeitslosigkeit und die Bewältigung der wirtschaftlichen Strukturprobleme in Dortmund sind seit ca. 30 Jahren eine ständige Herausforderung für die Vertreter des wirtschaftlich- und gesellschaftspolitischen Lebens unserer Stadt.

Hafen Aufnahme:Alfred Mewes
Hafen

Der Zerstörungsgrad in der Innenstadt stellte die Stadtplaner vor viele schwierige Aufgaben. Man entschied sich aufgrund der vorhandenen unterirdischen Infrastruktur eindeutig für den Wiederaufbau des Stadtkerns am alten Standort. Die Frage: Rekonstruktion oder Neuaufbau der Innenstadt wurde als Kompromiß gelöst. Die Entscheidung fiel zu Gunsten einer Auflockerung und Sanierung der Stadt sowie einer zukunftsorientierten, autogerechten Planung. Dies geschah unter schmerzhaften Eingriffen in die historische Bausubstanz Dortmunds. Die großzügigen Verkehrslösungen, die für die Wiederaufbauzeit in den meisten kriegszerstörten Städten typisch waren, scheinen aus der heutigen Perspektive im Hinblick auf die gegenwärtigen Bemühungen, Autos aus der Innenstadt zu verbannen und ein Netz von Fußgängerzonen zu schaffen, vergeblich und nutzlos. An die mittelalterliche Blütezeit der Stadt erinnern im heutigen Stadtbild nur die vier rekonstruierten Kirchenbauten (St. Reinoldi, St. Marien, Propstei- und Petrikirche).

Postmoderne Architektur in Dortmund Aufnahme: Ingeborg Wiesel
Postmoderne Architektur
in Dortmund

Bedauernswert ist, daß heute außer der vier Kirchen kein einziges historisches Architekturensemble an die mittelalterliche Vergangenheit Dortmunds anknüpfen kann. Die Akzente des Wiederaufbaukonzepts in der Dortmunder Innenstadt wurden leider einseitig auf die Entstehung großer Kaufhäuser, Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäude gesetzt. Die Stadtverwaltung und die Grundbesitzer der Innenstadt entschlossen sich somit auf Kosten der Wahrung mancher historisch-kulturellen Werte für die profitabelste Variante der Innenstadtnutzung, für die Ausrichtung der Innenstadt auf eine kommerzielle Nutzung und für die Entstehung von Einrichtungen für eine konsumorientierte Gesellschaft. Andere Funktionen des Stadtkerns wie z.B. Wohnen verloren vollständig an Bedeutung. Völlige Entvölkerung der Innenstadt und eine Geisterstadtkulisse nach Ladenschluß waren die negativen Folgeerscheinungen.

Das traurige Schicksal vieler Baudenkmäler aus der "alten" Zeit hat auch, wie es scheint, seine positive Wirkung. Dem Erhalt einzigartiger Denkmäler der Industriekultur wird in unserer Region gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Intelligente Lösungen für die Sicherung und Konservierung wichtiger Zeugnisse des Industriezeitalters mit allen sozialen Aspekten und unter Bewahrung der Sichtweise beteiligter Bevölkerungsgruppen wird auch dazu beitragen, daß Dortmund eine einmalige, interessante und reisewerte Kulturhochburg wird. Man darf allerdings nicht vergessen, daß die heutige Stadt Dortmund trotz allem wunderbare Architekturzeugnisse der Vergangenheit beherbergt und bei Interessierten für echte Überraschungen sorgen kann. In den im Laufe der 20er Jahre eingemeindeten Stadtteilen Dortmunds wie Syburg, Aplerbeck,Brackel, Wickede, Brechten, Huckarde, Kirchlinde, Mengede, Kirchhörde, Kurl, um nur einige zu nennen, stehen heute teils im romanischen, teils im gotischen Stil erbaute und gut erhaltene Gotteshäuser.

Neue Bibliothek Aufnahme:Hans Dieter Johnen
Neue Bibliothek

Das kulturelle Gesicht Dortmunds wurde durch stetes Bemühen der Stadtväter wesentlich aufgebessert. Die Errichtung des Theaterneubaus 1966, die Gründung der Universität 1968, die Verlegung des Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung von Koblenz nach Dortmund 1972 sind mit Sicherheit die wichtigsten Neuerungen in der Kulturlandschaft Dortmunds der Nachkriegszeit. Das wichtigste Ereignis der letzten Zeit war sicherlich der Neubau der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, die als öffentliche Einrichtung durch Funktionalität und Modernität glänzt. Neben der Universität sorgen die Fachhochschule Dortmund und über 20 wissenschaftliche Institute für eine interessante Infrastruktur im Ausbildungssektor. Der literarische Nelly-Sachs-Preis und die Auslandskulturtage sind weitere überregionale Akzente des Dortmunder Kulturlebens. Positiv auf das Kulturimage der Stadt wirken die Einrichtungen für große Sport- und Kulturveranstaltungen, die höchste Besucherzahlen verbuchen: das Westfalenstadion und die Westfalenhalle. Spürbare Verbesserung des Verkehrs geht auf ein hohes Investitionsvolumen in diesem Planungsbereich zurück: die Anbindung Dortmunds an das Autobahnnetz, die Realisierung des Stadtbahn-Projektes und der sich im Ausbau befindliche Flugplatz verdienen eine besondere Hervorhebung.